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Dieses Thema hat 3 Antworten
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 Regionales
andree Offline



Beiträge: 29
Punkte: 57

20.11.2019 19:01
Berliner Verlag Antworten

Die DuMont-Mediengruppe verkauft im Oktober 19 ihren Berliner Verlag und trennt sich damit von "Berliner Zeitung" und "Berliner Kurier".
Neue Eigentümer sind die Berliner Unternehmer Silke und Holger Friedrich.
Sie werden den Verlag in die Holding der Familie überführen.
Im Fokus der künftigen Ausrichtung stehe die digitale Weiterentwicklung.

Azuro Offline



Beiträge: 14
Punkte: 18

20.11.2019 19:09
#2 RE: Berliner Verlag Antworten

Wer sind die neuen Eigentümer des Berliner Verlags?

Silke Friedrich hat nach dem Abitur und einer kaufmännischen Ausbildung an der Universität der Künste in Berlin Gesellschafts- und Wirtschaftskommunikation studiert. Gemeinsam mit Ralf Regitz, Gründungsmitglied und Organisator der Loveparade, hat sie das ewerk revitalisiert und am Markt positioniert. Sie leitet die Berlin Metropolitan School, die mit über 1.000 Schülern die größte internationale Schule Berlins ist.

Holger Friedrich studierte nach dem Abitur und einer Berufsausbildung Germanistik und Informatik an der Universität Potsdam. Nach seinem Studium etablierte er ein Software-Technologieunternehmen, das 2003 von SAP gekauft wurde. Von SAP wechselte er als Partner zu McKinsey & Company und nachfolgend als Vorstand zur Software AG. 2009 gründete er den Technology Think Tank Core.

Silke Friedrich und Holger Friedrich sind verheiratet und haben drei Kinder.

Azuro Offline



Beiträge: 14
Punkte: 18

20.11.2019 19:09
#3 RE: Berliner Verlag Antworten

Was wollen die neuen Eigentümer des Berliner Verlags?

Silke Friedrich fasst die Motivation für den Kauf so zusammen: "Wir verstehen diesen Schritt als zivilgesellschaftliches Engagement in bewegten Zeiten und freuen uns auf diese Aufgabe sowie die Zusammenarbeit mit dem Team." Sie sieht die vor ihnen liegende Aufgabe als eine inhaltlich sowie technologisch motivierte Transformation: "Die Prioritäten für das sich neu formierende Team aus Verlegern und Mitarbeitern liegen in der Auswahl der Themen, der Qualität der Recherchen und der damit notwendigen Unabhängigkeit im Meinungsbildungsprozess sowie in einer auf modernen Technologien basierenden Publikation. Wenn wir als Team aus Verlegern und Journalisten die Freude am Diskurs als Herausforderung annehmen, wird es uns gelingen, diese Begeisterung auf unsere Leser zu übertragen."

Silke und Holger Friedrich übernehmen den Verlag mit Berliner Zeitung, Berliner Kurier und Berliner Abendblatt, deren Digitalangeboten, BerlinOnline, dem Corporate Publisher mdsCreative und der Berliner Zeitungsdruckerei und werden ihn in die Holding der Familie Friedrich überführen. Ihre langfristigen Ziele: "Wir möchten das Profil des Berliner Verlags stärken und mit einer versachlichten, faktenbasierten Berichterstattung den politischen und gesellschaftlichen Diskurs für Berlin und aus Berlin heraus bereichern." Dazu gehörten ebenso die durchgängige Digitalisierung der Angebote wie die Ausrichtung des Verlages auf zukunftsfähige Formate. "Mit konsequent digital ausgerichteten Angeboten und einer tiefgehenden Aufarbeitung gesellschaftlich relevanter Themen, möchten wir ein breiteres Publikum ansprechen und mit den Lesern stärker in Kontakt treten, als dies bisher der Fall ist", so die neuen Eigentümer.

Radfahrer Offline




Beiträge: 40
Punkte: 68

20.11.2019 19:10
#4 RE: Berliner Verlag Antworten

Berliner Zeitung: Ein Ossi Macht Meinung – Hängt ihn auf!
Die Schlinge zieht sich zu um das ostdeutsche Unternehmerpaar Friedrich, die neuen Besitzer der „Berliner Zeitung“. Die Meinungsmacher von Berlin bis Zürich blasen ins selbe Horn: „Hängt sie auf!“ Es darf nicht sein, was nicht sein darf – dass ein Ossi Meinung macht.

„Was erlauben Strunz?" – Der bundesdeutsche Blätterwald macht gerade den Trapattoni und hat seinen „Strunz“ in Holger Friedrich gefunden. Der charismatische Unternehmer hat vor einigen Wochen gemeinsam mit seiner nicht minder erfolgreichen Frau den „Berliner Verlag“ mit dem Flaggschiff „Berliner Zeitung“ gekauft. Soweit so gut, wäre da nicht ein Oxymoron gewesen: „Ostdeutsche Millionäre“. Und dann kaufen diese Spinner angesichts sterbender Printmedien auch noch einen Verlag? Reiche, ostdeutsche Idealisten, die mit einer großen Berliner Zeitung Meinung machen wollen? Das war zu viel des Guten. Und die Kampagne nahm seinen Lauf. Besonders „Spiegel Online“ begann frühzeitig sich auf die Friedrichs einzuschießen. Erst nur mit Spott, wurde schnell einen Gang hochgeschaltet und gezielt diffamiert. Ungewöhnlich, dass sich ein überregionales Medium so ausführlich einer regionalen Personalie widmet. Schnell stimmten die anderen Leitmedien mit ein in den Chor der Gerechten. Als die Friedrichs dann noch in einem Editorial dem letzten DDR-Chef Egon Kranz dankten, dass es bei der Maueröffnung am 9. November keine Toten gab und die Friedrichs auch für Putin ein gewisses Verständnis zeigten - ergo Putinversteher - kochte die Seele des kalten Kriegers. Den finalen Dolchstoß setzte die „Welt am Sonntag“ mit einer Enthüllungsstory über die „Stasi-Vergangenheit“ von Holger Friedrich. Seitdem hat die Leit-Journaille Schaum vorm Mund, alle Hemmung fallenlassen und auf „Fertig machen“ geschaltet.

Der Umgang der Friedrichs mit dem Thema ist seit der Stasi-Enthüllung souverän, nachdem sie vorher eine Reihe von Fehlern gemacht hatten. Der DPA ein Interview ausgerecht zu seiner Armeezeit 1989 zu geben und seine gleichzeitige IM-Verpflichtung nicht zu erwähnen, war heikel. Wahrscheinlich wollte er keine schlafenden Hunde wecken. Vielleicht ist er aber auch mit sich und vor allem mit den Opfern im Reinen. Das werden die Untersuchungen der nächsten Wochen zeigen. Und dann natürlich der „Insider-Tipp“, den er seiner Redaktion gab, doch mal über dieses coole Biotech-Start-Up zu berichten, ohne zu erwähnen, dass er selbst Anteile an dem Unternehmen hält. Das geht gar nicht.
Solche Anfängerfehler wird Friedrich sicher nicht mehr begehen, da nun jeder seiner Schritte zentnerschwer auf der Goldwaage liegt. Bis jetzt versucht er in Erklärungen „In eigener Sache“ auf der Website der „Berliner Zeitung“, unemotional und transparent auf jeden Vorwurf einzugehen und aufzuklären. Auch die Redaktion der „Berliner Zeitung“, sah sich gezwungen, ein „Ermittlerteam“ zur Causa Friedrich einzurichten, um ja ihre Unabhängigkeit unter Beweis zu stellen.
Das Thema Stasi diente jahrzehntelang als Totschlag-Argument. Tausende Biografien wurden damit nach der Wende abrupt beendet und Leben negiert. Menschen, die eben noch zur Elite gehörten, landeten plötzlich auch dem Müllhaufen der Geschichte. Noch tragischer ist aber die Kontaktschuld für die über 100.000 IMs, die ebenfalls als Kapitalverbrecher behandelt wurden und werden. Übrigens wurde gerade 2019, von den Medien völlig gleichgültig unbeleuchtet, vom Bundeskabinett beschlossen, die Frist zur Überprüfung von Bewerbern im öffentlichen Dienst auf frühere Tätigkeiten für die Staatssicherheit in der DDR bis 2030 zu verlängern. Die Wende ist dann über 40 Jahre her! Das heißt das so ein potentiell „fauler“ Bewerber um eine Erstanstellung im öffentlichen Dienst 2030 etwa 60 Jahre alt sein müsste, um eventuell in der Endzeit der DDR als 18jähriger für die Stasi gearbeitet zu haben. Wieso regt sich über so etwas niemand auf?

Das Thema Stasi ist zu komplex, um pauschal zu urteilen, wie der Fall Friedrich mal wieder eindrucksvoll zeigt. Sicher geht es nicht darum, die Opfer zu schmälern, die wirklich unter der Stasi gelitten haben. Friedrich schreibt, dass er nach der Wende sofort das Gespräch mit seinen „Opfern“ gesucht und wohl auch einvernehmlich gefunden habe.

Wenn die bisher bekannten Fakten stimmen, dann stand er bei seiner Verpflichtung unter so enormen Druck, dass sich jeder Leser fragen sollte, ob er dem standgehalten hätte. Friedrich, der damals seinen Armeedienst absolvierte, erklärt dazu: „Ich wurde unter dem Verdacht der Republikflucht von der Militärabteilung der Staatssicherheit verhaftet. Da ich zu diesem Zeitpunkt Militärangehöriger war, stand zudem der Vorwurf im Raum, Fahnenflucht zu begehen. In den darauffolgenden Verhören wurde zudem der Vorwurf eines bewaffneten Grenzdurchbruchs erhoben…. Nach längeren Verhören in einem Objekt des MfS bestanden zwei Optionen: a) Ich werde der Militärstaatsanwaltschaft in Neubrandenburg überstellt, mit der Aussicht auf eine mehrjährige Haftstrafe im Militärgefängnis Schwedt oder b) ich nehme das Angebot der beiden Vernehmungsoffiziere an und erkläre meine Bereitschaft, eine „Wiedergutmachung“ zu leisten.“ Friedrich entschied sich für Option b), aber verhielt sich dabei anscheinend so unkonstruktiv, dass die Zusammenarbeit mit ihm beendet wurde. Allerdings erst nach anderthalb Jahren. Aber dies soll die Untersuchung zeigen. Jedenfalls ist es zu früh, Friedrich ans Kreuz zu nageln. Es möge jeder prüfen, ob er das Recht hat, den ersten Stein zu werfen.

Die macht- und meinungsbildenden Leitmedien funktionieren jedenfalls beim Thema Friedrich wie auf Knopfdruck unisono, haben Blut geleckt, wetzen die Messer, um den nestbeschmutzenden Ossi wieder zurück in Reih und Glied zu stutzen. Um das Thema „Lügenpresse“ gibt es die Henne-oder-Ei-Diskussion: machen die das nun mit Absicht oder unbewusst? Gemeint ist ein gleichgeschalteter Tenor in den Leitmedien zu bestimmten Themen wie DDR, AfD, Syrien oder Russland. Ich würde nicht so weit gehen, dahinter eine Verschwörung zu wittern. Vielmehr sind dies Reflexe, die einer ähnlichen Sozialisierung, einem gewissen Status, einem Elitendenken, einer satten Staatsnähe geschuldet. Die führenden Journalisten kommen nun einmal zu mehr als 90 Prozent aus Westdeutschland und dort hat man eher sein Austauschjahr in den USA, als in Polen verbracht und höchstwahrscheinlich noch nie einen Russen getroffen. Gleich und gleich gesellt sich gern. Die DDR war auch hinterm Eisernen Vorhang und Ostdeutschland ist es für mache Redakteure noch immer. Mit einem ostdeutschen Journalisten oder gar Chef und Meinungsmacher fremdelt man da eher.

Bisheriger Höhepunkt des Shitstorms war am Montag ein Artikel zur Causa Friedrich in der Schweizer NZZ. Autor ist ausgerechnet der (westdeutsche) ehemalige Leiter der Stasi-Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen, Hubertus Knabe, der 2018 in Unehren entlassen wurde. Knabe nutzt nun den Fall Friedrich, um sich als seriöses moralisches Gewissen wieder ins Spiel zu bringen. Widerlich, wenn man an sich an die Vorwürfe seiner ehemaligen Mitarbeiterinnen erinnert.

Wie kann es überhaupt sein, dass ein Westdeutscher achtzehn Jahre lang ein Stasi-Museum leitet? Jemand, der nie in der DDR gelebt hat, nie unter der Stasi leiden musste, verwaltet das Erbe?

Das ist leider kein Einzelfall. Der gesamte Osten wird nach wie vor vom Westen geleitet. Gerade erst kam im Zuge des Mauerfall-Jubiläums eine Diskussion in Gang darüber, dass kaum Ostdeutsche an den Schalthebeln der Macht sitzen (dürfen). Es gibt bis heute keinen ostdeutschen General und keinen einzigen Rektor einer wissenschaftlichen Einrichtung im Osten. 80 Prozent der Staatsanwälte und Richter in Ostdeutschland kommen aus dem Westen. Unter den 500 Vorstandsmitgliedern der hundert größten deutschen Unternehmen findet sich nur ein halbes Dutzend mit DDR-Biografie. Genauso ist es bei den 340 Bundesrichtern und 160 Staatssekretären und Abteilungsleitern in den Bundesministerien. Und natürlich ist es genauso im Journalismus, wo Ossis selbst bei Regionalzeitungen in Ostdeutschland nicht unbedingt auf den Chefsessel dürfen.

Sollten die Friedrichs scheitern, wird dies noch eine gute Zeit lang als Beispiel dienen nach dem Motto: Seht ihr, ihr hattet eure Chance, ihr habt es einfach nicht drauf, ihr müsst erst noch mehr Demokratie lernen. Zurück auf die billigen Plätze.

Eigentlich müsste man jetzt aus Prinzip und aus Solidarität ein Abo der „Berliner Zeitung“ abschließen, um den Friedrichs eine Chance zu geben.

Aufgeschrieben: Frei nach Armin Siebert

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